Referenzbeispiel 1: Seismische Untersuchungen zur Unterscheidung von Bodenklassen

Bei der Erstellung von Geländeeinschnitten im Locker- und Festgestein (z.B. beim Straßenbau) ist für die Planung des Geräteeinsatzes und der Massenbestimmung eine Unterscheidung der Bodenklassen 6 (leicht lösbar) und 7 (schwer lösbar) erforderlich.

Refraktionsseismische Messungen mit engem Geophon- und Anregungspunktabstand und eine tomographische Auswertung der ermittelten Laufzeiten ermöglichen diese Unterscheidung der Bodenklassen. Das Ergebnis des Verfahrens ist ein Tiefenschnitt entlang des jeweiligen Profils, der die Wellenausbreitungsgeschwindigkeiten enthält. Die ermittelte Geschwindigkeitsverteilung lässt Rückschlüsse auf die Gesteinsart im Untergrund zu. Die Einteilung des Untergrundes in Bodenklassen erfolgt durch den Parameter der Ausbreitungsgeschwindigkeit der Kompressionswellen. Bei gleichzeitiger Bestimmung von Scherwellengeschwindigkeiten und Dichten ließen sich auch elastische Moduln bestimmen.

Die Abbildung zeigt einen Ausschnitt (Länge 150 m, Tiefe unter Geländeoberfläche 10 m) des aus der refraktionstomographischen Auswertung erhaltenen Geschwindigkeits-Tiefenmodells. Auf dem Profil ist generell ein Anstieg der Geschwindigkeit mit der Tiefe zu erkennen, der auf eine zunehmende Verfestigung des Bodens bzw. des Felses zurückzuführen ist. Deutlich lässt sich der Bereich des Lockergesteins (Mutterboden, Schluff, Kies) mit Geschwindigkeiten bis ca. 600 m/s abgrenzen. Der größte Anstieg der Geschwindigkeit kennzeichnet den Übergangsbereich vom Lockergestein zum Fels. Im Fels selbst steigt die Geschwindigkeit relativ gleichmäßig an, was die Veränderung des Verwitterungsgrads (entfestigt - zersetzt bis angewittert) repräsentiert. Aufgrund der Bohrungsergebnisse und in Anlehnung an die ZTVE-StB 94 wurden Geschwindigkeitswerte größer als 1700 m/s der Bodenklasse 7 zugeordnet.

Referenzbeispiel 2: Reprocessing seismischer Daten zur Erschließung von tiefen Thermalwässern

Im Bereich des bayrischen Molassebeckens ist die geothermische Erschließung des oberjurassischen Malms geplant. Zur Präzisierung des strukturgeologischen Modells ist es notwendig, die Tiefenlage der Oberfläche Malm zu konkretisieren und Störungszonen im Tiefenbereich von Basis Tertiär bis in den oberen Jura festzulegen. Dieses präzisierte Modell dient insbesondere der weiteren Planung des Bohrpfades und zur Festlegung der Landepunkte der Produktionsbohrungen.

Aus der in den 1970er und 1980er Jahren in Bayern durchgeführten Erdöl-/Erdgasexploration existieren zahlreiche 2D-reflexionsseismische Profile mit zum Teil sehr unterschiedlichen Messkonfigurationen. Diese alten Messdaten werden bis hin zur Migration neu bearbeitet, mit Hilfe von Bohrungsinformationen in die Tiefe transformiert und ausgewählte Grenzflächen wie z.B. Top Aquitan, Top Chatt-Sande, Basis Chatt-Sande, Basis Tertiär und Top Malm interpretiert. Schwerpunkte des Reprocessings sind eine Angleichung des Schwingungsbildes unterschiedlicher seismischer Quellen, Geschwindigkeitsanalysen in geringen Abständen und eine Erhöhung der Auflösung in der Zieltiefe. Damit wird das Risiko, die Bohrung in für die Geothermie unwirtschaftliche Bereiche des Malms abzuteufen, deutlich vermindert.